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Annemarie Scherer H. wirkte in einer Zeit, in der Frauen in der Kunst nur schwer Anerkennung fanden. Als Künstlerin, Mutter und in einer ländlichen Umgebung lebend, war sie mehrfachen Einschränkungen unterworfen: den traditionellen Rollenbildern, den begrenzten Möglichkeiten für Frauen und der kunstfeindlichen Ideologie des Nationalsozialismus, der individuelle Ausdrucksformen unterdrückte.
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Annemarie Scherer H.
1910 - 1990Annemarie Hassdenteufel wurde am 23. November 1910 in Sankt Wendel im Saarland als erstes von fünf Kindern geboren.
Ihr Vater, Karl Hassden-teufel, war Kunst- und Möbelschreiner, ihre Mutter Maria, geborene Nau, Hausfrau.
In ihrer Heimatstadt besuchte sie die höhere Töchterschule und entwickelte früh ein ausgeprägtes Interesse an Kunst, Handarbeit und Gestaltung von Innenräumen.
1926 – 1928
Studium in Saarbrücken - Staatliche Schule für Kunst und Kunstgewerbe in Saarbrücken
(heute HBK - Hochschule für Bildende Künste Saar)
Ihren Wunsch, am Bauhaus in Dessau studieren zu dürfen, lehnte ihr Vater ab. Stattdessen begann sie ihr Studium 1926 an der Staatlichen Schule für Kunst und Kulturgewerbe in Saarbrücken, unter Direktor Fritz Grewenig.
1928 – 1930
Studium in Offenbach - Technischen Lehranstalten in Offenbach am Main
(heute HfG - Hochschule für Gestaltung Offenbach)
1928 wechselte sie an die Technischen Lehranstalten in Offenbach am Main. Dort studierte sie in der Klasse für Textile Gestaltung bei Maria Steudel und vertiefte ihr gestalterisches und handwerkliches Können.
1930 – 1932
Volontariat Kunstgewerbeatelier, Hanau
Nach dem Abschluss absolvierte sie ein Volontariat im Kunstatelier ihrer Studienfreundin Reinhilde Vorberg in Hanau. Die Arbeit endete 1932, als Vorberg in die USA auswanderte.
1932 – 1935
Rückkehr nach St. Wendel
Zurück in ihrer Heimatstadt gestaltete und webte sie Stoffe, Bezüge, Decken, Teppiche für Innenausstattungen und Polstermöbel für den väterlichen Betrieb.
1935 – 1960
Familie, zweiter Weltkrieg
1935 heiratete sie den Kaufmann August Scherer und wurde Mutter von drei Kindern. In den Jahren des Nationalsozialismus konzentrierte sich ihre kreative Arbeit auf Entwürfe und die Gestaltung textiler Arbeiten.
1960 – 1970
Übergang von textiler Gestaltung zur freien Kunst
In den 1960er-Jahren wandte sich Annemarie Scherer zunehmend der freien Kunst zu. Sie schuf eine Reihe expressiver Hinterglasbilder sowie abstrakter Landschaften in verschiedenen Farb- und Formkompositionen. Um 1965 entstanden ihre ersten Monotypien – zunächst durch Abdrücke von Glasbildern, später erweitert um Tuschezeichnungen, Linienstrukturen und farbigen Akzenten.
1970 – 1990
Papiercollagen und künstlerische Anerkennung
Ab den 1970er-Jahre arbeitete sie fast ausschließlich mit Papiercollagen. Ihre Werke wurden zunehmend öffentlich ausgestellt und fanden Anerkennung in der regionalen Kunstszene. Ihre Collagen zeichnen sich durch eine poetische Verbindung von Material, Struktur, Sand und Farbe aus, womit sie eine individuelle Formensprache mit einem hohen Widererkennungswert entwickelt hat.
Annemarie Scherer verstarb am 11. August 1990 in St. Wendel. Am 23. November 1990 wurde sie posthum mit dem Mia Münster Preis für Bildende Kunst der Stadt St. Wendel ausgezeichnet.
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Original Hochwebstuhl von Annemarie Schrer von 1890